anlässlich der Eröffnung der Ausstellung „Philosophinnen – Liebhaberinnen der Weisheit“ 07. März 2004
Sehr geehrte Damen und
Herren, sehr geehrte Frau Flemming, sehr geehrte Frau Dr. Stopczyk,
Im Namen unseres OB begrüße
ich Sie herzlich zu dieser Ausstellungseröffnung. Gestatten Sie mir einige
Gedanken zur Verbindung von Politik und Philosophie.
Nicht erst seit dem Buch
„Wenn Du geredet hättest, Desdemona“ von Christiane Bruckner weiß die
interessierte Öffentlichkeit, dass Frauen schon vor Alice Schwarzer Freundinnen
der Erkenntnis, also Philosophinnen, waren (warum auch nicht, denn Frauen haben
ja schon immer einen klugen und gesunden Menschenverstand).
Wahrscheinlich haben,
angefangen in der Antike vom Mittelalter bis heute, Frauen schon immer viel stärker
als uns bekannt und bewußt durch Gespräche, Gedanken und sicher auch
Irritationen ihre Männer beraten, lassen Sie mich ruhig sagen geleitet.
Dass die Frauen sich selbst
dabei manchmal in den Hintergrund stellen und den Mann im Glauben ließen, die
holde Männlichkeit wäre von selbst auf die Lösung gekommen, spricht für die
Diplomatiefähigkeit der Frauen.
Die Tatsache, dass Frau Dr.
Hildegard Hamm-Brücher, gestatten Sie mir, diese grande Dame als
Politphilosophin zu bezeichnen, vielleicht Bundespräsidentin hätte werden können,
wenn nicht meine Partei – und dafür schäme ich mich heute noch – sie im
Stich gelassen hätte, wäre nur die verdiente Folge der Leistungen vieler
Frauen aus allen Epochen gewesen. Ein Staatsoberhaupt, so denke ich, muss immer
neben staatsmännischen Qualitäten auch über fundiertes philosophisches Wissen
verfügen. Wie sonst könnte ein Staatsoberhaupt über ehtische Fragen wie Präimplantations-Diagnostik
fundiert und verantwortungsbewußt Stellung nehmen?
Dennoch: Blickt man um sich,
so sieht man Frauen, die sich in schamlosen, peinlichen Talkshows prostituieren,
die freiwillig durch Schlamm waten, die Biographien schreiben, nicht um der
Erkenntnis sondern der Bloßstellung anderer wegen. Dies darf und soll uns aber
nicht ablenken von den Leistungen von Frauen in allen Bereichen von
Gesellschaft, Politik, Wirtschaft und Wissenschaft.
Die Quintessenz aus der
Beobachtung der Welt um mich her ist für mich, dass wir Philosophinnen
dringender brauchen denn je. Wir brauchen vor allem aber, dass die Gedanken und
Worte der Philosophinnen in die Köpfe der Bevölkerung gebracht werden, nicht
nur deshalb haben sich Philosophinnen in der Internationalen Assoziation von
Philosophinnen e. V. eine imposante Plattform gegeben.
Hier wird von Philosophie für
Kinder, Verantwortung für Natur und Leben bis beispielsweise zur europäischen
Mystik ein weites Spektrum bearbeitet und an die Öffentlichkeit gebracht, in
Symposien wie in Büchern.
Im Vorwort der Dokumentation
einer der Jahrestagungen der Philosophinnen wird auf die „Verpflichtung und
das Wagnis“ von Wissen und Forschung hingewiesen. Dies gilt natürlich für
alle, insbesondere aber für Frauen. Zitat: „Sie können u. U. das Fehlende,
Ausgelassene, Verdrängte und Verschwiegene, das Ungedachte und Unterdrückte in
der Geschichte unserer Kultur aufspüren“ (Zitat Ende).
Ich möchte letzteres noch
ausweiten: nicht nur in der Geschichte unserer Kultur sondern in der Geschichte und
der Kultur.
Frauen denken oft anders,
sehen aus einem anderen, zusätzlichen Blickwinkel auf Probleme.
Dies ist keine Wertung,
sondern eine Ergänzung, eine notwendige, wertvolle, ja unerlässliche Ergänzung
zum Forschen der Philosophen. So hat, jüngst im Redoutensaal, Heinrich von
Pierer gesagt, er wünscht sich und braucht mehr Frauen in Führungspositionen,
da seine Erfahrung die ist, dass ein Problem, wenn es von weiblichen und männlichen
Mitarbeitern umdacht, diskutiert und weiterentwickelt wird, die Lösung
stimmiger, weil in allen Facetten bedacht ist.
Wir wissen jedoch alle, dass
– je höher die Etagen in Wissenschaft und Wirtschaft – die Frauen immer spärlicher
vertreten sind. Es sind Ausstellungen wie diejenige über Frauengeschichte in
MFr, oder diese hier, die Schritte in die richtige Richtung sind und den Beweis
antreten, dass Frau sich nicht verstecken braucht, nicht verstecken darf.
Wir müssen dazu den Frauen,
allen Menschen, insbesondere aber Schülern und Studenten Raum zum Denken geben.
Ich hatte das große Glück am städtischen Marie-Therese-Gymnasium einen
Grundkurs Philosophie belegen zu können, wovon ich heute noch zehre.
Ich wünsche der Ausstellung regen Zuspruch und danke den Macherinnen für die überzeugende Konzeption.